Wieder mal eine neue Veröffentlichung von den Engländern JUNO REACTOR, die sich im
Jahr 1990 gegründet hatten und nun, neben zahllosen EPs, Maxis, Soundtracks zu Computerspielen / Filmscores, Live und Remixalben, ihr neuntes Studioalbum präsentieren.
Die Gruppe ist bekannt für ihren elektronisch, orchestral produzierten Psytrance und Mastermind
Ben Watkins arbeitet über die vielen Jahre meistens mit wechselnden Gastmusikern aus aller Welt und sogar FRONT 242 haben schon für JUNO REACTOR remixt.
Ihren Bekanntheitsgrad erhöhte die Band durch ihre musikalischen Werke in 2003 zur Matrix Triologie, damit wurden
JUNO REAKTOR weltweit berühmt, mit dem Soundtrack ist ihnen sozusagen der große, auch finanzielle, Druchbruch gelungen.
Allein die opulenten Liveshows der Briten mit schillernden Kostümen,
LED Effekten und klang und soundmäßigen Bombast, eines JEAN MICHEL JARRE nicht unähnlich, können begeistern.
Eine bestimmte Stilrichtung kann man JUNO REACTOR aber eigentlich garnicht bescheinigen, was sich teils aus den verschiedenen Gastmusikern ableiten läßt, die
technoiden, Ethno Goa / PsyTrance, Weltmusik und Ambientsounds werden bei jedem Album als neue Einflüsse in den Klangkosmos integriert und Thematisch hat Ben viele religiöse Texte mit verwendet.
Die Platte "Luciana" z.b. aus dem Jahr 1994 enthielt nur einen enzigen Titel, aber der ging eine Stunde und eine Minute lang,
also man merkt schon die Band ist recht experimentierfreudig und läßt sich in allen Facetten nicht so leicht in eine wie auch immer geartete Schublade stecken.
Die neue Platte "The Mutant Theatre" mit 9 Songs und dem längsten Track mit über 11 Minuten gleich zum Start Namens "Return of the Pistolero"
geht mit ihrem Trance/Technobeat wieder in Richtung elektronische Tanzmusik meets ethnische Elemente, eine Soundausrichtung die sich zu
einer eigenständigen Klangkosmos hin bewegt, die Fans der Klänge von JUNO REACTOR tummeln sich auf der ganzen Welt, aber eher
nicht im Gothbereich, allein bei Facebook hat BEN WATKINS inszwischen über
140.000 Freaks um sich versammelt, das Ganze könnte man auch als eine Art Ravebewegung im Bereich des Goa/PsyTrance betiteln oder
einer bunten Tanzwelt mit durchgeknallten, interkulturellen Trips in
andere Farben und Stimmenwelten und das auch ohne die eigentlich dazugehörigen Aufputschmittel.
Der wilde Mix aus animalischen Rhythmen, die sich mit Acidsound, Tribal Percussion und Jungletrips, sowie mit experimentiellen
Sprachsamples und ordentlich BPM, also satten Bässen und knalligen Beats, Flamenco und Weltmusikeinflüssen, außerdem mit fetten
Technotrance und ambienten Spacecollagen verbinden, laden einfach zum mitwippen und tanzen ein, man fühlt sich leicht nostalgisch
an die Spätneunziger der Love Parade Zeiten oder Open Air Goa Festivals mit vernebelt, verrauchten Wochenenden erinnert.
Für alle Jünger dieser guten alten Zeiten, aber auch generell für neugierige Zeitgenossen aller musikalischen und rhythmischen
Elektroausrichtungen wäre die neue Platte von JUNO REACTOR ein Tip. Aber vorsicht, denn diese Platte braucht ihre Zeit, solche
Veröffentlichungen sind nicht mal eben zum Nebenbeihören. Oder man läßt sich einfach treiben und genießt dieses musikalische Goa/Psy Feuerwerk an Innovationen.
Besprechung von Sven Erichsen, November 2018